Andacht zum Heiligen Abend

„Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar.“

Paul Klee
Paul Klee, „vergesslicher Engel“, 1939
(Quelle: Gemäldescan Christian Mantey, https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/9/9c/Paul_Klee_~vergesslicher_Engel~1939.jpg/611px-Paul_Klee~vergesslicher_Engel~_1939.jpg)

Liebe Gemeinde in dieser Weihnachtszeit! 

Ein zarter Engel, wie mit einem Stift hingehaucht. Er hat die Hände im Schoß, die Flügel sind erhoben, die Augen niedergeschlagen. „Vergesslicher Engel“ heißt diese Zeichnung des Künstlers Paul Klee. 

Ich weiß nicht, warum der Engel „vergesslich“ genannt wird und was er vergessen haben könnte, aber es macht mich nachdenklich, dass so etwas geben soll – einen „vergesslichen“ Engel. Aber immerhin hat Jeder und Jede eine Vorstellung von Engeln, warum also nicht auch von einem „vergesslichen“ Engel. 

Paul Klee, der Sohn eines Deutschen und einer Schweizerin, liebte Engel. Für ihn waren sie „geflügelte Mischwesen“ zwischen Himmel und Erde, die zugleich die Nähe und die Ferne des Himmels anzeigen. 

Was wir auf Erden von Gott sehen können, sind oftmals Engel. Es geht dabei nicht um ihr Aussehen, um Kleidung oder um Flügel – es geht um ihren Dienst in meinem Leben. Sie empfinden die Schwere des Lebens mit und vermitteln mir Trost. Engel können Vertraute sein aus der Familie, der Nachbarschaft, den Kolleginnen und Kollegen am Arbeitsplatz, es können aber ebenso vollkommen Fremde sein. 

Engel wissen oft nicht, dass sie Engel sind. Sie werden es in dem Moment, in dem sie empfinden: Jemand braucht mich. Sie denken dann nicht lange oder gar nicht nach, sondern sind einfach zur Stelle. Oft erwarten sie keinen Dank oder sind schon weg, bevor ich danken kann.

Oder ich weiß, dass ich jetzt Engel sein kann und zu sein habe. Nicht, weil ich lange überlegen muss und es dann beschließe, sondern weil ich in einem bestimmten Augenblick nicht anders kann. Ich werde zum Engel; und ich staune hinterher manchmal, wie das alles kam und wozu ich plötzlich fähig war. 

Oder, leider – was auch sein kann – ich verpasse den einen Moment, in dem ich zum Engel werden könnte; ich vergesse ihn und gräme mich, wie der Engel des Paul Klee auf dem Bild. Dann aber schärfe ich meinen Blick für das nächste Mal und hoffe, dann in den Dienst Gottes treten zu können. Den Dienst, den ich mir auch erhoffe in den Stunden der Trübsal. Engel sind Gesichter der Liebe. Also auch deins und meins. 

Ich wünsche Ihnen, dass Ihnen besonders in dieser Zeit immer wieder Engel begegnen, dass Sie ab und an selbst Engel sein können und dass Sie sich von der Botschaft des Weihnachtsengels bezaubern lassen können. Er rief seine Botschaft den Hirten auf dem Felde zu und ruft sie auch uns jedes Jahr aufs Neue zu: 

Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus der Herr. 

Ein gesegnetes Weihnachtsfest und Gottes Begleitung im neuen Jahr wünscht Ihnen Ihre Pfarrerin Sarah Zeppin.

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