Du bist mein Helfer, und unter dem Schatten deiner Flügel frohlocke ich.
Psalm 63,8
Bei Störchen ist das so: Im Frühjahr treffen die Männchen zuerst ein und besetzen ihren Horst, ihr Nest vom Vorjahr. Sie verteidigen es energisch gegenüber ihren Konkurrenten. Bald gesellt sich die Störchin dazu. Beide sammeln nun gemeinsam Halme und Zweige und bessern ihr Nest aus. Manchmal klappern sie dabei.
Einige Zeit später hockt immer einer der beiden auf dem Nest. Die Zeit der Brut hat begonnen. Zwei bis fünf Eier hat die Störchin gelegt. Nun heißt es Warten und Wärmen.Nach gut vier Wochen entdeckt man plötzlich, dass die Küken geschlüpft sind. Vater und Mutter wechseln sich nun ab in der Nahrungssuche und dem Füttern der Küken. Später kann man die Köpfchen und die langen Hälse sehen, wie sie senkrecht nach oben ragen mit weit aufgesperrten Schnäbeln.
Oft sitzen Storch oder Störchin auf ihrem Nest und die Küken schlüpfen unter ihre Flügel. Hier sind sie unter weichen Federn geborgen. In kalten Nächte erfrieren sie nicht, denn selbst bei Plusgraden besteht bei den zarten Küken das Risiko. Und auch wenn die Sonne zu heiß wird, sind sie geschützt. Nichts kann ihnen passieren.
Von ihrem hochgelegenen Nest haben die Eltern auch alles im Blick. Nähern sich Feinde dem Nest, verteidigen sie es energisch. So haben die Küken alles, was sie brauchen. In Ruhe wachsen sie heran, bis sie nach gut acht Wochen flügge werden und so langsam ihre eigenen Wege gehen.
Wie eine Vogelmutter nimmt Gott uns unter seine Flügel. Dieses Bild finden wir immer wieder in der Bibel. Ich spüre, wie das Kind in mir sich angesprochen und gewärmt fühlt. Dieses Kind, das ich einmal war, bleibt ja da. Es wohnt in mir, auch, wenn ich schon längst erwachsen geworden bin.
Und immer wieder einmal meldet es sich, leise oder auch laut, mit seiner Sehnsucht geschützt und gewärmt, versorgt und behütet zu werden. Besonders in Zeiten, in denen ich es schwer habe, mir alles zu viel zu werden scheint.
Wie gut tut es da, eine Freundin zu haben, die mir zuhört und mich versteht. Oder einen Helfer, der auch mal die eine oder andere Aufgaben für mich übernimmt, mich unterstützt. Und ich darf mich eine Zeit lang verkriechen. Das Gefühl genießen, geborgen zu sein, bei dem Anderen.
Ich muss nicht alles allein schaffen. Hilfe anzunehmen macht mich einerseits demütig, andererseits dankbar. Und ich lerne auch andere zu bemuttern, zu versorgen und zu wärmen, wenn sie mich brauchen.
Und auch bei Gott darf ich mich bergen, verkriechen und wärmen. Ich muss nichts vorweisen. Selbst, wenn ich keine Worte mehr habe, Gott ist da, wie die Mutter und der Vater für die Storchenkinder, um mich zu schützen und zu versorgen, als sei ich sein Küken. Solange und immer wieder, bis sich bei mir die Kraft einstellt und mich beflügelt. Dann fühle ich mich dem Leben, das vor mir liegt, gewachsen und kann mich aufmachen es zu meistern.
Ihre Pfarrerin Sarah Zeppin