Jubeln sollen die Bäume des Waldes vor dem HERRN, denn er kommt um die Erde zu richten.
Chronik 16,33
Der Flieder vor meinem Kinderzimmerfenster, weiß und voll die Blüten, die Äste knochig, gewunden und stark. Im Frühjahr drängt der Duft durch das angekippte Fenster und erfüllt den Raum.
Die Birken auf dem Hügel, ihre Äste schwingen im Wind wie lange Zöpfe fröhlich tanzender Mädchen, das Weiß ihrer Stämme leuchtet schon von weitem entgegen.Der Ahorn des Nachbarn, der sich sanft herüberlehnt. Viele Blätter habe ich im Herbst aufgehoben, ihre Farben bewundert, habe sie wieder in die Luft geworfen oder in ein Buch gelegt.
Die Linde, die Besucher auf dem Friedhof seit 150 Jahren begrüßt, milden Schatten auf die Gräber und Trauernden mit ihren weiten dichten Armen legt.
Die kleine Kiefer im Garten, wie oft habe ich mich darunter gesetzt, an ihren rauen Stamm gelehnt, den herben Duft des Harzes in mich aufgenommen und durch die lichten Nadeln in den Himmel geschaut.
Die Kastanie, die auf dem Schulhof stand. Im Frühjahr öffneten sich die klebrigen Knospen und die Blätter stiegen wie eine offene Hand daraus empor. Die kleinen stacheligen Früchte wuchsen, bis sie unzählige Kinder mit glänzenden braunen Kastanien beglückten.
Die Buchen, die am Waldweg Spalier stehen. Im Frühling in wunderbar hellem Grün und im Herbst beglücken sie die Spaziergänger mit einer orange-gelben Pracht.
Es gibt Bäume, die mich geprägt haben. Ich hänge an ihnen als seien Sie Freunde und Freundinnen. Wegbegleiter.
In diesem Jahr hängen in den Buchen viele Äste, die Abgestorben sind, der nächste Sturm wird sie herunter reißen. Die Birken verlieren schon im August die ersten Blätter, blassgelb segeln sie zu Boden.
Die Linde auf dem Friedhof musste gefällt werden. Die letzten Jahre der Trockenheit, Schädlinge und der Zahn der Zeit haben sie die letzte Kraft gekostet.
Nein, die Bäume, die Natur, in diesen immer trockener und heißer werdenden Zeiten haben sie nichts zu lachen und schon gar nicht jubeln. Sie leiden, kämpfen sich durch, werden aber immer schwächer, viele sterben sogar. Hätten sie eine Stimme, so würden sie wohl klagen und weinen, vielleicht sogar schreien.
Ja, wäre das nicht schön, wenn ein Gott käme, um die Erde zu richten? Der dann die Bäume zum Jubeln brächte, ihnen Wasser, ein kühles Lüftchen und Licht schenkte, mehr als sie brauchen. Der ihre Kronen leuchten ließe in sattem Grün, kräftige und glänzende Früchte wachsen ließe.
Was aber, wenn er käme, würde er wohl uns Menschen sagen?
Ihre Pfarrerin Sarah Zeppin.