Monatsspruch für Oktober

Jesus Christus spricht: Das Reich Gottes ist mitten unter euch.

Lukas 17, 21

Ich schaue mich um. Schon seit einigen Wochen und Monaten bin ich in Elternzeit. Das ist auch ein bisschen Zeit zum Hinsehen und Hinzuhören. Was ist da mitten unter uns?

Da hat der Nachbar ein neues Auto, besser ausgestattet und größer als meins. Der andere hat seine Terrasse vergrößert und ich habe nicht mal eine winzig Kleine. Bekannte erzählen, dass die Tierarztrechnung ihres Hundes so hoch war, dabei haben sie doch gerade schon so viele ungeplante Ausgaben. Und dann reden die Leute. Nicht freudig, neugierig oder verständnisvoll. Sie sprechen von Größenwahn, von Jammern auf ganz hohem Niveau. Und dass, der oder die, ja eh nicht so recht hierher passen.

Neid und Missgunst sehe ich unter uns; und ganz viel Bitterkeit. Mit einem flauen Gefühl in der Magengrube sitze ich auf meiner Gartenbank. Es ist, als könnte ich es bis hier hoch hören.

Dann stehe ich auf und gehe durch die Straßen. Ein Mann mit Sonnenbrille rauscht an mir vorbei, während er konzentriert seine Zigarette dreht. Zwei junge Frauen mit Rollkoffern überholen mich auf dem Weg zum Bahnhof mit einem eiligen „Hallo!“.

Ich freue mich, als ich ein bekanntes Gesicht an der Straße stehen sehe. Wir unterhalten uns über die Schwalben, die zahlreich durch sein Hoftor ein- und ausfliegen. „Die Schwalben aus den früheren Bruten besuchen ihre kleinen Geschwister hier im Nest.“ sagt er. Ich staune. „Da wird es aber schnell zu eng da drin.“ sage ich. Typisch Geschwister natürlich. Da hat jeder Angst, dass er zu kurz kommt. Schwalben sind also auch nicht besser als wir Menschen.

Auf meinem weiteren Weg merke ich, wie meine Schritte ruhiger werden. Ich will versuchen, mich daran zu freuen, dass wir doch alle mehr als genug haben. So viel, dass an mehreren Ecken Verschenkeregale stehen. Voller Bücher und anderer Kleinigkeiten. Ich will mich freuen, dass ich Zeit habe, hier spazieren zu gehen mit meinem Baby, dass meine Freundin sich so selbstverständlich um unsere Katze gekümmert hat.

Gottes Reich lässt sich unter uns finden. Aber es ist irgendwie von der stillen Sorte und lässt sich doch zu leicht von anderem übertönen, was unser Herz schnell schwer macht. Was so fest sitzt und mal schnell dahergesagt ist.

Ja, denke ich, Gottes Reich ist zum Glück auch da! Und ich will dafür sorgen, dass es wahrgenommen wird, mitgenommen wird, wie ein schönes Buch aus den Verschenkeregal. Ich will bewusst wahrnehmen, was mir an Gutem begegnet, mich für andere freuen, ein offenes Ohr anbieten, oder einfach praktische Hilfe, wenn jemand mich braucht.

Einen Herbst voller wunderbarer Begegnungen wünscht Ihre Pfarrerin Sarah Zeppin.