Hört nicht auf zu beten und zu flehen! Betet jederzeit im Geist; seid wachsam, harrt aus und bittet für alle Heiligen.
Epheser 6,18
März 2020. Etwa zwei Jahre ist das jetzt her, da bin ich mit meiner Familie nach Leutenberg gezogen. Am Anfang meiner Arbeit in Leutenberg stand auch der Siegeszug eines schlimmen Virus mit einem schönen Namen: Corona.
Wir mussten neue Worte lernen: soziale Distanz, Homeoffice, mussten Maske tragen und Abstand halten. Wir erfuhren, was „Lockdown“ bedeutet, geschlossene Läden, Treffen über das Internet, leere Restaurants, abgesagte Feiern und Feste, kirchliches Leben gestaltet sich immer schwieriger.
Eine Weile ließ sich das einigermaßen aushalten, doch mit der Zeit wurde es immer schwerer. Wie gut täte es, sich wieder einmal zu treffen, hautnah, ohne Angst und Scheu. Wir Menschen brauchen die Nähe zueinander doch. Wie können wir verbunden bleiben, auch wenn wir einander nicht sehen und treffen? Diese Frage beschäftigt mich nun schon meine ganze Zeit hier als Pfarrerin. Viele von Ihnen habe ich schon kennengelernt, viele auch nicht. Und was da im Monatsspruch fast wie eine Mahnung klingt, wirkt auf mich im Blick auf die letzten zwei Jahre wie eine Einladung: Im Geist, jederzeit.
Im Geist ist ja eigentlich Gottes Weise uns Menschen nahe zu sein. Als Jesus die Erde verlässt, schickt er den Heiligen Geist als Inspiration und Tröster. Ich kann mir diesen Geist wie einen warmen und hellen Raum vorstellen, der sich jederzeit betreten lässt. Und die Tür dahin ist das Gebet, oder ein Blick in den Himmel, das Denken aneinander. Die Tür steht offen, jederzeit.
Dieser Raum gibt mir, was ich gerade brauche, eine Umarmung, einen weiten Blick, neue Ideen. In ihm bin ich verbunden mit Gott – und auch mit den Menschen. Der Geist umfängt uns alle.
Hier kann ich meine Sorgen aussprechen, für Menschen bitten, die mir am Herzen liegen. Ich lege Gott unsere Zukunft ans Herz und die der Welt, bitte um Kraft und Segen. Ich besinne mich auch auf das was schön ist. Ich sage danke für die Menschen und die vielen kleinen Dinge. Den Frühling, die Blüten, Sonne und Wind.
Aber nein, das alles hebt die Sehnsucht nach Nähe und Sorglosigkeit und den Schmerz über das Alleinsein nicht auf. Aber ich werde gehalten und ich kann etwas tun. Im Geist kann ich bei anderen Menschen sein, denen die mir nahe stehen, auch die, die ich noch gar nicht kenne. Ich kann zu der Situation gerade Abstand gewinnen. Manchmal tröstet mich das. Und es gibt mir Kraft, die Zeit zu überstehen. Hört nicht auf zu beten, bis wir einander begegnen, uns wiedersehen – hautnah, von Angesicht zu Angesicht.
Ihre Pfarrerin Sarah Zeppin